Würzburg, 01.02.2022
Eine Kirche, die Anknüpfungspunkte zum Leben bietet, vor allem dem junger Menschen - dafür setzt sich der BDKJ schon seit vielen Jahren ein. So wie sich Kirche im Moment zeigt, ist sie das nicht. „Diskriminierendes Arbeits- und Kirchenrecht, zu wenig konkrete Handlungen und fehlende persönliche Übernahme von Verantwortung bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals, oder die konzentrierte Macht für geweihte Männer und damit zu wenig Geschlechtergerechtigkeit: das ist so weit weg von der Lebensrealität junger Menschen wie der Himmel von der Erde“ drückt Christina Lömmer, BDKJ-Diözesanvorsitzende, den längst überfälligen Reformbedarf der Kirche aus. Und trotzdem gibt es nach wie vor junge Menschen, die sich in katholischen Jugendverbänden engagieren, diese Missstände immer wieder benennen und ihre Vorschläge für Verbesserungen einbringen. So gibt es etwa eine ganze Reihe an demokratischen Beschlüssen der Jugendverbandsvertreter*innen im Bistum Würzburg aus den letzten Jahren z.B. zum Priestertum (2020), zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare (2021) oder zur Stellung der Jugendarbeit im Bistum (2017).
Daher ist es nur konsequent, wenn sich der BDKJ mit diesen Positionen in den synodalen Weg einbringt und mit den Synodalmitgliedern Kontakt hält. Denn hier besteht die Möglichkeit, etwas zu bewegen und zu verändern. Dass das notwendig ist, sieht auch Weihbischof Ulrich Boom so, wie er in einem Gespräch mit dem BDKJ-Diözesanvorstand klar gemacht hat: "Wir wissen schon lange, was in Bezug auf Veränderungen in der Kirche zu tun ist, aber wir haben es noch nie so konkret formuliert." Im Rahmen einer Videokonferenz haben sich der Weihbischof und der BDKJ-Diözesanvorstand über die Themen, die auf der Synodalversammlung am kommenden Wochenende besprochen werden, ausgetauscht. Christina Lömmer machte dabei deutlich, dass als Konsequenz aus der MHG-Studie diese wissenschaftlichen Erkenntnisse über strukturell begünstigen Missbrauch der Maßstab für die Ergebnisse des synodalen Weges sein müssen. "Eine Art MHG-Brille wird in der Diskussion der Texte des Synodalen Weges aufgesetzt.“ berichtete Weihbischof Ulrich Boom aus den vergangenen Gesprächen und ergänzte: „Aber die Frage ist, ob das die einzige Brille ist. Vielleicht muss es vielmehr eine Brille der Demut sein."
Auch Marcus Schuck aus dem Bistum Würzburg unterstreicht die Bedeutung der Studie, ist sie doch der Grund für seine Mitarbeit als Vertreter des Bundesverbandes der Pastoralreferent*innen im Synodalen Weg: „Reformen brauchen wir dringend, damit sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch in der Kirche möglichst nicht mehr vorkommt. Dazu reichen kosmetische Maßnahmen nicht aus, sondern es geht um eine Veränderung des Systems.“ Auch er ist in Kontakt mit dem BDKJ-Diözesanvorstand
Im Austausch ist man sich einig, dass das zentrale Thema Macht und Gewaltenteilung nicht nur in den diözesanen Strukturen betrachtet werden darf, sondern auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens. Weihbischof Ulrich Boom sagt dazu, dass Synodalität immer der Weg der Kirche sein muss, also diese Form des Miteinanders auch weiterhin gefragt sein wird und wir uns schon jetzt die Frage stellen müssen, wie synodal wir auch in unseren Pastoralen Räumen unterwegs sind.
Ein gutes Beispiel wie das gelingen kann sind die demokratischen Strukturen der Jugendverbände im BDKJ. Dort bringen sich ganz selbstverständlich junge Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und Meinungen ein. Diese Vielfalt ist ein Gewinn und macht die Jugendverbände zu einem Ort an dem sich junge Menschen beteiligen können.
Im Entwurf des Orientierungstextes heißt es, dass es im Diskurs miteinander keine Denk- und Sprechverbote, keine Angst vor Sanktionen oder Diskriminierungen geben darf, solange die Menschenrechte beachtet werden. Die Wichtigkeit dieses Satzes betont Marcus Schuck: „Die Beachtung der Menschenrechte ist für mich und die anderen Pastoral- und Gemeindereferent*innen in der Synodalversammlung eine rote Linie, von der wir unsere Zustimmung zu Texten abhängig machen. Es darf nicht sein, dass Menschen wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung z. B. im kirchlichen Arbeitsrecht weiterhin diskriminiert werden.“ Auch Weihbischof Ulrich Boom hebt hervor, dass wer die die Menschenrechte anerkennt, sich auch gegen Diskriminierung stark machen muss: „ Als Kirche müssen wir hinter den Menschenrechten stehen, weil sie sich im Evangelium begründen lassen."
Nach den Gesprächen ist die Erwartung des BDKJ-Diözesanvorstands und der Synodalmitglieder klar: Der synodale Weg muss Ergebnisse liefern. Die zu beratenden Handlungstexte werden daher die wichtigsten Texte sein, die es zu verabschieden gilt, meint Christina Lömmer und ergänzt: „Wichtig ist, dass die Synodalversammlung die Handlungstexte mit konkreten nächsten Schritten und Zielen beschließt. Noch viel wichtiger aber ist, dass sich die Bischöfe auch an die Beschlüsse halten und sie in ihren Diözesen umsetzen.“ Dann kann Kirche vielleicht auch wieder am Leben von jungen Menschen anknüpfen und von ihnen wahrgenommen werden als Ort und Gemeinschaft, wo sich Menschen auf die Suche nach erfüllenden Leben begeben, begleitet und ernst genommen werden.